Fackelbau-Historie

der Neusser Scheibenschützen

Kirmes-Samstag und der Fackelbau im Zeitenlauf der Geschichte

Eine chronologische Aufarbeitung im Rahmen eines Berichts in unserem Jahresrückblick 2010. Von Dieter Krüll

 In diesem Jahr möchten wir auf die Schilderung der Schützenfesttage 2010 (es war herrlich wie immer!) verzichten und den Kirmes-Samstag im Zeitenlauf der Geschichte unseres Zuges der Neusser Scheibenschützen beleuchten.

Kirmessamstag das bedeutet offiziell für die Scheibenschützen:

10:00 Uhr         Gräberbesuch auf dem Friedhof durch die Mitglieder der Zugleitung
12:00 Uhr         Böllerschießen auf dem Wendersplatz
17:00 Uhr         Feierliches Totengedenken und Reveille auf dem Marktplatz
19:30 Uhr         Antreten zum Fackelzug mit Biwak des Hauptmanns des Zuges
ca. 22:00 Uhr   Aufmarsch zum Fackelzug mit Transparent und/oder Großfackel

Der Gräberbesuch auf dem Friedhof ist eine angenehme Pflicht für die Mitglieder der Zugleitung und die Fahnengruppe des Zuges. Es werden Blumengestecke auf die Gräber der im letzten Jahr verstorbenen Schützenbrüder und einiger langgedienter Würden- und Bürdenträger gestellt.

Nach dem Böllerschießen und dem Hissen der Fahnen auf dem Turm von St. Quirin (früher über ewige Zeiten durch Ferdi Moog, heute durch seinen Bruder Karl-Josef (Jogi) Moog) treffen sich die üblichen Verdächtigen, zum Teil mit Kind und Kegel (mit den Kegeln sind die Ehefrauen gemeint), beim „Armen Willy“ vor dem Hafenamt zu den ersten Kirmesbierchen. Nachmittags gibt es dann diverse Biwaks z.B. in bzw. vor der Gaststätte „Zum Anker“ am Glockhammer (nicht der Goldene Anker, do wore mer noch nie!). In früheren Jahren lud auch Hans-Josef (Hajo) Pesch einen erlauchten Kreis auf seine Terrasse an der Einsteinstrasse ein.

Da in Neuss und bei den Scheibenschützen bereits nach drei Jahren alles Tradition ist, müsste dieser Ablauf seit Generationen immer gleich geblieben sein. Weit gefehlt.
So fand 1995 am Nachmittag der Festakt anlässlich des 75-jährigen Bestehens des Zuges der Neusser Scheibenschützen im Zeughaus statt. Damals hat der Major des Zuges in launigen Reden aller Majore, Adjutanten und Hauptleute der langen Geschichte des Zuges gedacht und diese – soweit noch am Leben – auch auf die Bühne gebeten. So wurde Geschichte im wahrsten Sinne des Wortes lebendig. Von dort marschierte man dann zum Fackelantreteplatz an der Hafenstrasse.

Im Mittelpunkt unserer Schilderung müssen natürlich unsere Fackel-Kunstwerke stehen, die seit 1926 von fleißigen Schützenfreunden gebaut werden und einen tiefen Einblick in die wichtigen Themen und Verhältnisse des jeweiligen Schützenjahres ermöglichen. Unser eifriger Archivar Wolfgang Sedlmair hat zu den Fackeln der Scheibenschützen einen informativen Bildband zusammengestellt, dem wir nachfolgend einige Erläuterungen hinzufügen möchten:

 

Über die Zeit vor dem 2. Weltkrieg wissen wir leider kaum etwas, hat sich doch niemand die Mühe gemacht, die schönen Erlebnisse aufzuzeichnen. Die Verluste des Krieges taten das Übrige. So können wir aus dieser Zeit nur berichten, dass vor dem Krieg mindestens 5 Großfackeln gebaut wurden:

  • 1926 („Schievemännchen“)
  • 1930 („Der Rhein ist frei“ / Abzug der Besatzungstruppen aus dem Rheinland)
  • 1934 („Hindenburg zum Gedenk“ / Tod des Helden der Schlacht bei Tannenberg 1916 und späteren Reichspräsidenten Hindenburg)
  • 1937 („Das Neusser Siebengebirge“ / Galgenberg, Reuschenberg, Klosterberg = Grenadiermajor, Gelberg – Oberbürgermeister der Stadt in SA Uniform, Maseberg – eine andere NSDAP-Größe in SA Uniform, Rosenberg – Schützen im Rosengarten und …der 7. Berg auf dem Foto nicht erkennbar)
  • 1938 („Vorschlag für ein neues Kirmesplakat“ / ein küssender Oberst Jean Loevenich).

Gebaut wurde offenkundig auf dem Holzlagerplatz der Firma Holz Reinhart an der Düsseldorfer Strasse, wie uns Fotos aus dem Jahre 1930 und 1934 erzählen können. Schließlich war der Chef dieser Holzhandlung, Franz Reinhart sen., von 1926 bis 1936 der Major des Zuges (aktiv nur bis 1934). Sein Sohn Hans war 1949 und 1950 Adjutant des Zuges. Dessen Stiefbruder Franz Reinhart war Adjutant im Jahre 1951.

Das Fackelgestell war damals noch eine einachsige Konstruktion mit zwei Fahrradrädern und darauf ein recht großflächiger Holzlattenaufbau, wie ihn auch heute noch einige Grenadier- oder Jägerzüge verwenden. Die darauf aufgesetzten recht kleinen Gebäude zum Fackelthema wirken auf den wenigen vorhandenen Fotos eher wie Modellbauten eines Eisenbahnfanclubs als wie eine „Großfackel“. Auf welche Weise die Fackeln beleuchtet werden konnten, ist nicht überliefert.

Auf dem Bild der Fackel von 1937 sind erkennbar die Schützenbrüder Toni Münch (Architekt), Heinz Vreden (Hauptmann des Zuges von 1956 bis 1972), August Platen (Käsehändler von der Krämergasse, Sportschütze und nach dem Krieg 2x Jakobuskönig) sowie Fritz Hilgers (langjähriger Schriftführer im Vorstand der Gesellschaft), die alle auch nach dem Krieg Mitglieder unseres Zuges waren.

Nach dem Weltkrieg dauerte es bis 1954, bis zumindest wieder ein Transparent auf den Markt gebracht wurde. Es zeigte die Paradeformation der Scheibenschützen mit dem Spruch: „Om Maat wött de Parad jeklopp….MER trecke blos dr Hoot vom Kopp!“
Das Transparent wurde gezogen –wie auch sonst sehr häufig- von den damaligen Bogenschützen Lothar Meisen, Manfred Norbisrath und Peter Schleppers.

Noch zwei Dinge sind höchst interessant:
An Malstil und Schriftart kann man den langjährigen Fackelmaler des Zuges, den Reklamemaler Rennefeld von der Burgunderstraße, erkennen, der bis Ende der sechziger Jahre unsere Fackeln bemalt und mit witzigen Karikaturen befruchtet hat. Damals waren das Transparent vor unserer Fackel als auch das Transparent hinten auf der Fackel aus Holz gefertigt (sehr schwer) und vor allem erheblich größer.

An einem Kirmessamstag-Nachmittag geschah es: Die fertige Fackel sollte aus der Halle gefahren werden. Obwohl wir die Luft aus den Reifen ließen, passte die Fackel nicht durch den Torbogen. Bei der Demontage des zu hohen Transparents fiel ein Fackelbauer durch das hintere Transparent; das schöne Bild war zerstört. In Windeseile wurde das Transparent neu beklebt und Herr Rennefeld übertraf sich selbst: Abends zum Fackelzug war alles wieder fertig gemalt. In Folge dieses Vorfalls wurde später statt Transparentpapier Nesselstoff für die Transparente verwendet, da das widerstandsfähiger ist. Nessel hat aber den Nachteil, dass die gemalten Bilder zwar bei Tageslicht toll aussehen, abends mit Innenbeleuchtung aber ganz andere, dunklere Farben sichtbar werden.
Zum zweiten: Seitlich oben an dem Transparent von 1954 war ein runder Fackelkörper mit unserem Scheibenschützenabzeichen angebracht, so wie wir es heute kennen. Für die Mitglieder von Zug und Gesellschaft gab es 1954 aber noch keine Anstecknadel. Es gab also das Motiv, aber keine Nadel. Erst der Schützenkönig 1959/1960 von den Scheibenschützen, Peter Maria Joseph (mit ph) Lange, hat ein etwas anderes, größeres Abzeichen gestiftet, das ab dem Jahr 1963 auch auf der Dienstordnung des Zuges erscheint. Nur zwei Jahre später, 1965, hat Major Heinrich Königshofen ein Zugabzeichen in der auf dem Transparent von 1954 sichtbaren Form, aber zusätzlich mit Krönchen aus dem Neusser Stadtwappen, für die Mitglieder des Zuges herausgegeben. Dieses Abzeichen ist auf dem Transparent neben dem Kopf von Oberschützenmeister Baum erkennbar, ziert aber erst ab 1973 auch die Dienstordnung des Zuges. Wieder einige Jahre später hat die Gesellschaft dieses Zugabzeichen als Gesellschaftsabzeichen für alle Mitglieder der Gesellschaft übernommen.
Was man doch alles aus den Quellen (Bilder und Motive der Fackeln) herauslesen kann.

Im Jahre 1955 wurde mit der Fackel an das „Bundeskönigsschießen in Neuss“ erinnert (kein Foto). Damals waren tausende Schützen aus Nah und Fern durch Neuss marschiert und hatten auf unserem Scheibenstand den Bundeskönig des Bundes der Historischen Deutschen Schützenbruderschaften (kurz der „Histerischen“) ausgeschossen.

Es folgten 1958 „Neusser Dreck- und Speckbad“ und 1959 „Strauße“ zwei der wohl besten Fackeln, die die Scheibenschützen je gebaut haben. Nach dem Krieg lernte man im werkseigenen Schwimmbad der Papier- und Pappenfabrik an der Düsseldorfer Str. das Schwimmen. Wer wo anders schwimmen und das kühle Nass genießen wollte, musste ins „Jröne Meerke“ steigen, dem (bis heute) verschilften und verdreckten Tümpel in der Nordstadt, der sein Wasser aus dem Nordkanal bezieht.
Wer das Foto dieser Fackel genauer betrachtet, erkennt die die große Lust des Malers Rennefeld an der Persiflage bis ins kleinste Detail. Vor der eigentlichen Fackel fuhr ein Vorkriegs-3er-BMW-Cabrio, der den Weltkrieg eingemauert im Autobetrieb des Scheibenschützen Jakob (Coco) Krüll überdauert hatte. Auf diesem Wagen war eine sehr lange Rolladenwalze als Auslegerkran montiert. Per Rolladengurt konnte eine Schaufensterpuppe in das Dreckbad getaucht und wieder herausgezogen werden. Die Puppe war behängt mit allem möglichen Müll und Schilf sowie einem Auto-Nummernschild der britischen Zone (beachte: noch schwarzer Hintergrund mit weißen Buchstaben und Zahlen). Der Kranausleger konnte aber auch zur Seite ins Publikum geschwenkt werden. Dort öffnete sich eine Klappe im Brustkorb der Puppe und Karmelle fielen ins begeisterte Volk. Der spätere Major Dieter Krüll, damals noch Schüler, saß unten in der Fackel und musste die Puppe nachladen.

Auf der Straußenfackel von 1959 stand ein riesiger Vogel-Strauß, der den damaligen Verteidigungsminister Franz-Josef Strauß symbolisierte. Der lange Hals des Vogels bewegte sich auf und nieder, der Kopf konnte mit seinem Schnabel aus Holzplättchen klappern.
Der eigentliche Geck der Fackel aber war die Straußengruppe: ca. 20 Schützenbrüder (mit kurzen Hosen und nackten Beinen, auf dem Kopf ein Militär-Krätzke / alles was damals Rang und Namen hatte bei den Scheibenschützen war dabei) trugen einen Straußenkörper an Hosenträgern (Rolladengurte). Die Strauße hatten an einem Zügel einen flexiblen Hals aus gefaltetem Schweißdraht, am Kopf wieder die Holzplättchen als Klapperschnabel. Coco Krüll fungierte als Straußendomteur und hatte einen Bauchladen mit Körnern vor dem Bauch. Die „Strauße“ liefen wild um die Fackel herum. Wenn Coco auf seiner Trillerpfeife pfiff, kamen alle angerannt, um im Bauchladen zu picken. Wohin die Fackel kam, sie wurde frenetisch bejubelt.
Aber auch eine lange Unterbrechung des Fackelzugs wurde durch diese Fackel verursacht. Man hatte zwar die Höhe der Oberleitungen überprüft, nicht aber die tief hängenden Äste auf der Erftstrasse. Es dauerte eine ganze Zeit, bis der hohe Ausleger aus den Ästen befreit und an dem Hindernis vorbei manövriert war. Übrigens: Auf dem Bild der Rückseite der Fackel ist wieder der Schüler Dieter Krüll im weißen Hemd zusehen, der über eine Schnur den beweglichen Hals des Straußen bediente.

Mehrfach wurden Rolladengurte erwähnt, ein Hinweis auf den Fackelbauplatz in der Zeit von 1954 bis 1968. Gebaut wurde in der hohen Gebäudedurchfahrt des Automobil- und Rolladenbetriebs von Coco Krüll auf der Sternstr. 24–38. Ein idealer Platz, denn es standen dort sowohl Metallhandwerker und Schweißgeräte des Automobilbetriebs als auch Holzbearbeitungsmaschinen, Rolladenwalzen und –gurte zur Verfügung. Zudem gab es den besagten Gynasiasten, der vor und während der Schulferien Zeit genug hatte, nachmittags alle fehlenden Teile zu besorgen, damit abends weitergebaut werden konnte. Dafür erhielt er von Heinrich Königshofen 1958 – obwohl altersbedingt noch nicht Schütze – einen Orden, auf den er immer mächtig stolz war. Dies führte dazu, dass er später in Nachfolge seines Vaters Coco für über 10 Jahre zum „Oberfackelbaukolonnenführer“ avancierte, ein idealen Sprungbrett für das Amt des Majors.

Das Fackelthema „Komische historische Stadttore“ von 1962 beschreibt den Kampf von Joseph Lange um die Erhaltung des freigelegten Torbogens am Hamtor. Dieser war früher in kleine, alte Häuschen integriert und nicht sichtbar. Beim Abriss der Häuser wurde er entdeckt und viele wollten den nutzlosen Bogen beseitigen, um Platz für eine großzügige Verkehrsführung zu schaffen. Aber Joseph, der Leiter des Stadtarchivs, war dagegen. Auch die an dem Häuschen angebrachte Marienfigur hat er gerettet. Sie hängt noch heute an ihrem alten Platz an der stadtinneren Seite des historischen Torbogens.
Interessant auch: Die Vortragefackel auf dem einen Foto dieser Fackel zeigt das von Joseph Lange gestiftete größere Scheibenschützenabzeichen.

Es folgten Fackeln über Personen: 1963 „Unser Boss…“ zum 40. Dienstjubiläum von Heinrich Königshofen als Hafendirektor; der Zug der Scheibenschützen marschierte damals zu seinen Ehren in Paradeuniform (-tracht) vor seinem Haus auf).

1964 ein Transparent „Bundesschützenkönig“ über Schützenbruder Heinz Brings, der als Bundeschützenkönig 1963/64 von Papst Paul VI. in Privataudienz empfangen wurde (viele mitreisende Scheibenschützen und Schützenfrauen durften dabei sein).

1965 „Es wird weitergeschaukelt“: im Bundestagswahlkampf 1965 schaukeln Ludwig Erhard und Willy Brand in der Schiffschaukel um die Wette und Ritterkreuzträger Erich Mende von der FDP spielt das Zünglein an der Waage. Aber auch der „Alte“ Konrad Adenauer turnt mit fast 90 Jahren auf einem doppelköpfigen Schaukelpferd (de Gaulle und Johnson) und verkündet als Meisterschaukler: „Ech verschaukel se all!“
Auf dem Transparent vor der Fackel ist anlässlich der 550-Jahrfeier der Gesellschaft eine Ehrung für den damaligen Oberbürgermeister der Stadt Neuss und Präses der Gesellschaft, Peter Wilhelm Kallen (dem Vater von Ehrenoberschützenmeister Dr. Hermann Josef Kallen) und dem damaligen Oberschützenmeister Heinrich Baum zu sehen. Im Hintergrund (also 1965) erstmals das von Heinrich Königshofen gestiftete Scheibenschützenabzeichen mit Krönchen.
Diese Fackel brachte selbst einen fanatischen Profifackelbauer wie Ludwig Krekeler an seine Grenzen, musste doch hoch oben ein Auto-Differenzialgetriebe eines Loydt PKW die Schaukelkräfte der beiden Kanzlerkandidaten und des Vizekanzlers Mende verkraften. Wir haben es hingekriegt, ich weiß nicht mehr wie.

Das Transparent von 1966 „Mit 280 Pfund Speck schoss der Dicke drei magere Scheibenschützen weg.“ glossiert das Königsschießen 1965, in dem der nicht gerade magere Gert van Opbergen von der Schützenlust gegen drei Scheibenschützen (Hubert Broich, Peter Holthausen und Andreas Krüll sen.) gesiegt hatte.
Auch am Jahr 1966 wird erkennbar, dass bei den Scheibenschützen in aller Regel in einem Jahr eine Großfackel plus Transparent und im Folgejahr nur ein Transparent gebaut wurde. Das ist bis heute so geblieben und trägt der Tatsache Rechnung, dass es sich bei den Scheibenschützen eher um Schreibtischtäter denn um Handwerker handelt.

Leider gilbt es vom Transparent 1967 „Löpp wie e Päd“ und der Fackel 1968 „Das Wunder der Liebe“ keine Fotos. Wer hat Fotos oder kann sich erinnern, worum es ging?

Auch von der sehr gelungenen Fackel 1969 „Wer gut knobelt, der gewinnt.“ gibt es keine Fotos, ich kann es gar nicht glauben, habe ich die Fackel doch noch gut vor Augen. Erstmals wurde auf dem Bauhof der Fa. Bauunternehmung Medler KG auf der Wolberostrasse gebaut (früher Getränke Stöcker), da Coco die Halle auf der Sternstr. inzwischen in drei Kegelbahn (Motel Krüll) umgebaut hatte.
Auf dem vorweg gezogenen Transparent waren drei Reiter auf der Schützenwiese in rotem Wams beim Würfeln darüber zu sehen, wer Reitersieger werden solle. Dann hieß es leicht provozierend: „Kurz nach Einbruch der Dunkelheit….!“ Auf der Fackel selbst ritt der schmächtige Rechtsanwalt Dr. Theo Oldenkott (späterer Chef des Reiterkorps) mit ausgestrecktem Stechdegen auf einen riesigen Ring zu, den er schließlich dennoch verfehlte.
Das tolle aber war: Theo Oldenkott bewies rheinischen Humor und Lust an der Selbstironie, er war nicht etwa beleidigt, sondern lud die Fackelbauer der Scheibenschützen zu einem Fass Bier ein.

Ganz anders Schützenkönig Helmut Meuter, seines Zeichens Anstreichermeister, aus unserem Zug im Jahre 1970. Unter dem Titel „Pinselkönig“ bauten die Scheibenschützen für eine riesige Figur mit einem Pinsel in der Hand. Als „Modegeck des Jahres“ malte S.M. Helmuth Hippiemädchen an. Die Fackel wurde in einer alten Halle der früheren Kerzenfabrik, am Obertor gebaut. Von dort ging man nach getaner Arbeit auf ein paar Bierchen in den DOM. Dort wurden gemeinsam mit dem Maler-Karikaturisten Rennefeld die tollsten Ideen entwickelt, wie man dieses etwas „schlüpfrige“ Thema am besten darstellen könne. Rennefeld hat die Ideen sofort skiziert und zu Papier gebracht. Es gab immer wieder riesiges Gelächter am Biertisch. Natürlich haben wir unseren Schützenkönig in der tatsächlichen Ausführung des Themas nicht in Verlegenheit gebracht. Die Fackelbauer haben aber ihre verworfenen, „schärferen“ Ideen in einem schönen Buch zusammengefasst und dieses Buch beim Vorbeimarsch mit unserer Fackel auf dem Markt dem Schützenkönig überreicht. Danach haben wir nie mehr etwas davon gehört. S.M. hatte einen Humor aus dem Eiskeller. Gottlob hatten wir vorher unseren Spaß.

Übrigens: In diesem Fackelbaujahr beteiligte sich auch unser Schützenbruder Erich Fuchs sehr eifrig an den Arbeiten. Trotz seiner 80 Jahre ging er bereits am Nachmittag zur Fackel und beklebte die Puppen. Der Zusammenhalt der Fackelbauer hat ihm solche Freude gemacht, dass er am Ende allen Fackelbauern einen Orden verliehen hat, den sogenannten „Fuchsenorden“ mit der Abbildung eines Fuchsen in freier Wildbahn. So ist Erich den (damals) jüngeren Fackelbauern bis heute unvergessen geblieben.

Die Fackel von 1971 „Landeszentralbank“ glossierte das verknottete Röhrenkunstwerk vor dem neu errichteten Gebäude der LZB an der Zollstr. (heute Volksbank). Da Denkmal soll eine gewisse Ähnlichkeit mit einem delikaten Körperteil des berühmten Scheibenschützen Adolf Lülsdorff gehabt haben, der gegenüber wohnte. Ein historisches Bild von Adolf Lülsdorff ist auf unserem Scheibenstand zu bewundern.

1973 folgte wieder eine herausragende Fackel „Volksradfahren“, „oben Buckeln unten Treten“. Diese Fackel wurde auf dem ehemaligen Holzplatz Prinz auf der Weingartstraße gebaut. Der Platz war nicht ideal, weil zwar ein Überdach aber kein abgeschlossener Raum zur Verfügung stand. Hinter unserem Transparent fuhr ein riesiges Zwölfer-Fahrrad (aus Köln) mit 12 sportlichen Scheibenschützen in passendem Rennfahrer-Papageienoutfit, gesteuert von Kaspar Peck. Dieses Gefährt zu fahren, war äußert schwierig, vor allem in Kurven. So kippte die ganze Mannschaft auf dem Markt just vor Schützenkönig und Komitee unter großem Gejohle des Publikums um. Das ganze Training auf dem Schwimmbecken-Gelände der Fa. Krülland (Krülland = Andreas Krüll andersherum) in Kaarst war vergebens gewesen. Dennoch hatten alle einen riesigen Spaß.

Die nächste Großfackel wurde 1975 auf dem Bauhof unseres Schützenbruders Franz Schlangen auf der Breite Strasse gebaut. Hier fanden die Fackelbauer für viele Jahre (bis 2000) wieder ein zentral gelegenes, trockenes Domizil. Man hatte inzwischen die übergroßen Holztransparente und den schweren, nicht zerlegbaren Fackelwagen aus Metall durch kleinere und zerlegbare Aluminium-Konstruktionen ersetzen können, was dank einer Spende der Fa. Markisen Rödelbronn (Schützenbruder Horst Rödelbronn) möglich wurde. So passte die Fackel bei Schlangen in die Halle. Nach vollbrachter Arbeit konnten die Schützenbrüder sich das eine oder andere Mal durch eine Tür in der Mauer in den Garten des Hauses Kanalstr. 17 von Franz Schlangen verdrücken und sich dort bewirten lassen.
Die nächste technische Revolution kam dann Mitte der neunziger Jahre als Helmut Birrewitz (auf seine Kosten) die sehr viel Strom verbrauchenden 60W-Glühbirnen gegen moderne 8W-Leuchtstoffröhren austauschte, wodurch heute nicht mehr so viele LKW-Batterien zur Stromversorgung benötigt werden.
Das Thema 1975 „Beförderungskarussel“ nahm das Politessenunwesen in Neuss aufs Korn. Die Großfackel umkreisten die verschiedensten Autos und sonstige Fahrzeuge, montiert auf alten Kinderwagengestellen, geschoben von den Schützenbrüdern.

Es folgten 1976 ein Transparent „Fackelbau? Anjefange – Schwemme jejange!“ sowie 1977 eine Großfackel zum Fluglärm. „De Krach ben esch satt“ sagt St. Qurin und Quirini-Kong jagt mit der Fliegenklatsche die um seinen Kopf kreisenden Flugzeuge. Diese Fackel wurde einmalig auf dem Betriebsgelände Bottischbau Ludwig Krekeler auf der Kölnerstrasse gebaut.

1979 die Großfackel „Benzinroulette“. Kniend betteln die Bürger um Sprit und fragen: „Ist noch Suppe da?“ Diese Fackel wurde ein halbes Jahr später umlackiert und zog im Büttger Rosenmontagszug umringt von orientalischen Scheichen mit. Der Wagen erhielt damals den 1. Preis für den schönsten Motivwagen.

Die Fackeln der folgenden Periode wirken nicht so überzeugend, da es an einem guten Maler und Zeichner mangelte. Hinzu kam, dass schon seit einigen Jahren Schützenbruder Peter Schleppers (genannt Pittersche) nach einem schweren Unfall nicht mehr zur Verfügung stand (Peter wurde beim Überqueren des Berghäuschensweg von einem PKW überfahren und blieb für sein restliches Leben behindert). Peter war seit 1954 dabei (s.o. Bogenschütze 1954) und bei Schützenbruder Franz Klaff als Installateur beschäftigt. Er schweißte Jahr für Jahr noch mit Gas und Sauerstoff unsere Puppen. Nunmehr mussten die Drahtkonstruktionen der Puppen durch Klebeband verbunden werden, was weniger stabile und vor allem weniger gefällige Kunstwerke hervorbrachte.
In späteren Jahren hat Schützenbruder Helmuth Küppers, ein Fackelbauprofi bereits lange Jahre vorher in seinem Jägerzug, das Schweißen übernommen. Helmuth war aber ein Perfektionist und daher nur schwer zufrieden zu stellen, was hohe Anforderungen an die Drahtbieger und Formengeber der Puppen mit sich brachte. In jüngster Zeit beweisen die Schützenbrüder Peter Veiser und ab und an Helmut Birrewitz mit einem Elektroschweißgerät ihr Können.

Im Königsjahr 1980 von Helmuth Wickrath sahen wir „Canon Helmuth Life – im Diskofieber“ (Fotograph Helmuth in seinem Element). Auf dem Transparent aber verulkten sich auch die Scheibenschützen anlässlich des 60. Zugjubiläums selbst: Sieben Schützenbrüder (Heinrich Königshofen, Peter Gerhards, Jakob Hohn, Ludwig (Nikolaus-Darsteller) Meisen, August Platen, Vredens Dicke, und Coco Krüll als schräger Typ) bilden aus ihren meterlangen Schnautzbärten die Zahl „60“ und das Wort „Jahre“. Schon immer glaubten die Neusser, die Scheibenschützen seien nur alte Säcke; wen juckt das angesichts unserer heutigen jungen Garde. Wenn mich nicht alles täuscht, war das Motiv eine erste Vorlage des Neusser Karikaturisten Wilfried Küfen, dem wir in der Folge noch viele schöne Entwürfe zu verdanken haben.

Verehrte Leser, noch zwanzig Jahre Fackelbau liegen vor uns. Alle Fackeln haben es verdient zumindest kurz beschrieben zu werden. Wer es schneller möchte, sollte hinten weitermachen und die Seiten dazwischen später einmal nachlesen.

„Zylinderreden“ lautete der Fackeltitel im Jahre 1982, über die im Zylinder versteckten Redetexte des Präsidenten des Neusser Bürger Schützenvereins Hermann Wilhelm Thywissen.

Das Transparent von 1983 behauptet kess: „Hand aufs Herz! Wir sind zwar nicht die Besten, dafür aber die Lustigsten.“ Das Transparent schiebt Michael Gertges (viel jünger als heute).

Die Fackel 1984 „Wenn alle Brünnlein fließen“ beschäftigt sich mit den vielen Brunnen und Springbrunnen in Neuss, insbesondere dem neuen Brunnen auf dem Markt.

„Von der Muse gebützt“ wird 1985 die Alte Post, das neue Kulturzentrum der Stadt, für das die Bürger nun bis zum Bahnhofvorplatz laufen müssen, wenn sie zur Post wollen. Der alte Herr Schwann (Denkmal) fragt sich sorgenvoll: „Mod ech och jonn?“.

1986 ist der „Umweltsch (m) utz“ dran. Ein Openair-Auto wird mit den wertstoffhaltigen Gasen eines Schützenklos betrieben. Statt ASU fährt en „Drieß-Bud“ über den Markt.

Das Transparent von 1987 verabschiedet Oberst Hans Schiefer in den Ruhestand und erklärt das Schützenfest zur „größten Bürgerinitiative aus Spaß an der Freud!“. Hätte es nicht dabei gestanden, ich hätte den abgebildeten Männerkopf für den Nachfolger als Oberst, nämlich Josef Bringmann, gehalten.

Unter dem Titel „Mittwoch´s in …“ „Die Schützen toben, wer will den WDR noch loben?“ beschwert sich die Fackel 1988 über eine WDR-Übertragung aus der Neusser Stadthalle am Mittwoch vor Kirmes, als eine ahnungslose aber kesse Moderatorin der Schützenkönigin Rita Krings unterstellte, ihr Königsjahr werde von Dritten finanziert. Die schnippige Antwort der Königin war absolute Klasse, der Jubel für Schützenkönig Josef Krings am nächsten Tag beim Löhnungsappell der Scheibenschützen umso größer.

Im Jahr 1989 versprechen die Fackelbauer, nach einer schöpferischen Pause in der Hängematte, im Jubiläumsjahr (575 Jahre Scheibenschützen Gesellschaft) wieder eine Fackel bauen zu wollen.

Das geschieht dann auch 1990. Auf dem Transparent wird unser Schützenkönig Horst Esgen mit einem Morgenstern in der Hand auf der Neusser Stadtmauer dargestellt. Die Großfackel zeigt die Scheibenschützen bei der Abwehr der Angriffe des Burgunder-Königs Karl des Kühnen 1474/75 am Obertor.

Das Transparent 1991 glossiert den Größenwahn der geplanten Hochhäuser im Hammfeld (diese wurden bis heiute nicht gebaut) und fragt, ob St.-Qurin einen „Standortwechsel“ auf das neue, höchste Gebäude der Stadt vornehmen müsse. Die Scheibenschützen tragen erstmalig (?) das neue beleuchtete Abzeichen am Revers.

Unter dem Titel „Alternative Verkehrsprobleme“ wird 1992 statt der heiß diskutierten U‑Bahn im Keller empfohlen, ein Strick durch die Innenstadt zu spannen, an dem hängend die Bürger durch die Innenstadt transportiert werden können. Auch hier begleiten wieder bewegliche Fahrzeuge die Fackel.

Die Großfackel 1993 „Kinderträume werden wahr“ zeigt unseren Schützenkönig 1992/93 Hans-Dieter Schröder in seinem Boot auf hoher See. Er war einige Jahre zuvor Europameister im Katamaran-Segeln geworden und hatte daher bei mehreren Schützenfesten gefehlt. Seine Rückkehr in die Gemeinschaft der Schützen begeisterte ihn so sehr, dass er sogleich an die Vogelstange trat und gewann.

Das Transparent 1994 „Willst Du lope, musst Du dope!“ zeigt einen schwitzenden Scheiben-schützen auf einem Laufband. Vor ihm ein von Schützenpräsident Prof. Herbert Brüster verwaltetes Bierfass, aus dem der Schütze via Schlauch Dopingbier saugen kann.

1995 zum 75-jährigen Jubiläum des Zuges wieder eine herrliche Fackel nach einem Motiv von Winfried Küfen „75 Jahre, fast alle unter einem Hut.“ Fast alle Scheibenschützen tragen gemeinsam einen riesigen Scheibenschützenhut, auf dessen Hutkrempe weitere Schützenbrüder herumturnen. Hinter der Fackel marschieren die Scheibenschützen, jeweils vier Mann tragen gemeinsam ebenfalls einen großen Scheibenschützenhut.

1996 folgte dann das Fackel-Transparent „Hier beginnt die fackelbaufreie Zone“. Eine Scheibenschützenfigur blickt mit dem Fernrohr nach hinten zur Artillerie und den Reitern und sucht vergeblich eine Fackel. Beide Korps haben bis heute noch nie eine Fackel gebaut. Der damalige Artilleriechef Hans-Jürgen Hall und sein Adjutant Eckehard Schlee rächten sich ein Jahr später, indem sie die ewigen Fußgänger ohne Pferd Major Dieter Krüll und Adju Kaspar Peck am Kirmesdienstag dazu nötigten, auf den Pferden der Artilleristen über den Markt zureiten. Dazu hatte sich der Major mit Klebeband drei Goldstreifen seitlich auf die Hose geklebt. Er übertraf damit den völlig verdutzten Jägermajor Heinz-Peter Jansen deutlich.
Man sieht, die Rekelei unter den Schützen funktioniert.

Die Großfackel „Ohne Heuer, kein Königsfeuer“ war 1997 Schützenkönig Erich Matzel gewidmet, der als Maat der Bundesmarine sein Herz an die Neusserin Christine verloren hatte.

Ein Jahr später 1998 sorgte sich der Zug mit dem Transparent „Ich habe fertig“ (frei nach Bayern-Trainer Trappatoni) um die rechtzeitige Fertigstellung der Umbauarbeiten am Zeughaus, wo auch 1999 der traditionelle Schieveball stattfinden sollte. Bürgermeister Napp hat´s gerichtet, man wurde fertig.

Die Großfackel 1999 „Ach wat wohr dat fröher schön he in Novesia“ beklagte den „Untergang ohne Glanz, aber Gloria“ , d.h. die Schließung des Gloria Kinos als letztes Kino in der Innenstadt. Dort ist heute die Filiale der Deutschen Bank untergebracht. Eigentümerin des Gebäudes ist die Ehefrau von Schützenbruder Hans Beykirch.

Im Jahr danach, das Jahrtausendjahr 2000, musste man schon wieder eine Großfackel bauen, war doch Major Dieter Krüll Schützenkönig geworden. Unter dem Titel „Ne kleene König möt e grot Herz“ stellte man S.M. auf ein hohes Bänkchen, damöt d´r Kleen den vor ihm stehenden großen Schützen ohne Not den Königsorden umhängen konnte. Das Transparent vorweg zeigte die große Überraschung der Scheibenschützen für ihren kleinen König: Beim Fackelzug auf dem Markt ließ jeder Scheibenschütze einen Luftballon mit einer brennenden Wunderkerze in den abendlichen Himmel steigen. Leider musste S.M. den Vorbeimarsch der Artillerie und der Reiter verfolgen. So hat er dieses tolle Spektakel gar nicht mitgekriegt. Dumm gelaufen!

2001 verkündete ein auf dem Klo hockender Scheibenschütze kurz und knapp: „Alles Dries – diss Johr baue mer net!“.

Ein Jahr später 2002 schimpften die Scheibenschützen über den Zusammenschluss der Neuss-Düsseldorfer Häfen und beklagte die Schließung des Hafencasinos, wo der Zug seit 1957 seine schützenfestliche Wohnung hatte. „Hafenamt – Ade“ hieß die Großfackel. Der Spruch „Nu könne mer ons net mieh freue, die Dör es zu mer stonnt em Freie!“ sagt alles über die missliche Lage des Zuges.
Die beiden Fackeln 2001 und 2002 wurden nicht mehr auf dem Bauhof der Fa. Schlangen in der Breite Strasse sondern auf deren Bauhof Wolberostrasse (früher Medler) gebaut.

2003 mussten wir dann erneut umziehen und die Fackeln in der stillgelegten Halle der Fa. Werhahn Holz an der Batteriestrasse bauen. Dieser Standort war aber nicht sicher, so wurde einmal unsere Fackel von Raudies mutwillig zerstört.
Unter dem Titel „Stronz-Jass“ mokierte man sich 2003 über die mit kaufbaren Namens-Steinen gepflasterte Schützenstrasse (Krämerstrasse); der Erlös der Steine kam dem Schützenmuseum zu Gute.

Im Jahr 2004 wies unsere Großfackel in aller Schärfe die erklärte Absicht des Düsseldorfer Oberbürgermeisters Erwin zurück, Neuss nach Düsseldorf einzugemeinden. Der Titel „Mer hannt et vom behalde on net vom afjäve.“ war klar und eindeutig.

Ähnlich das Transparent von 2005 „Frankensteins Meisterstück“. Die Warsteiner Pils-Brauerei hatte die Altbierbrauerei Frankenheim in Holzheim geschluckt.

Ein erneuter Umzug führte die Fackelbauer in die Remiese im Alexianer-Kloster an der Nordkanalallee, wo wir bis zum heutigen Tage bauen dürfen (wie lange noch?). Alle Fackelbauplätze der Scheibenschützen hatten den unschätzbaren Vorteil, dass wir dort allein bauen konnten und den Platz nicht mit anderen Schützenzügen teilen mussten.

2006 wieder eine tolle Großfackel „Weg gegangen – Platz vergangen“. Als die Quirinus-Figur zwecks Renovierung von der Kuppel von St. Qurin geholt worden war, hatte – so die Behauptung unserer Fackel – Oberpfarrer Monsignore Dr. Hans-Dieter Schelauske den Platz von St. Quirin eingenommen und wollte diesen nicht mehr räumen. Der Oberpfarrer zeigte sich von dieser Vorstellung „verry amused“ und besuchte die Fackelbauer beim Fackelbaurichtfest.

Apropos Fackelbaurichtfest: Das Richtfest wird schon seit vielen Jahrzehnten am Montag vor dem Schützenfest am jeweiligen Fackelbauplatz unter Beteiligung der Damen der Fackelbauer mit Speis und Trank gefeiert. Viele der nicht Fackel bauenden Schützenbrüder spenden Geld zur Finanzierung dieser Veranstaltung. Natürlich werden auch Promis der Zugleitung zu diesem Abend geladen, damit sie ihre Lobeshymnen über die gelungene Fackel los werden können. Die Fackelbauer und ihre Damen treffen sich ein zweites Mal im Januar auf dem Scheibenstand. Bei diesem Termin wird auch der Fackelbauorden an denjenigen Fackelbauer verliehen, der aus der Multiplikation des Schießergebnisses an diesem Abend und der Zahl der Teilnahmen am Fackelbau des abgelaufenen Schützen-jahres den höchsten Wert erzielt hat.
Der Fackelbauorden zeigt in der Mitte eine Prägung der Fahnengruppe der Scheiben-schützen. Der Orden wurde gestiftet von Kaspar Peck und 1991 erstmalig an Horst Jennes verliehen.

Das Transparent des Jahres 2007 beschäftigte sich dann auch mit mit den oben erwähnten Promis. Der „fliegende Wechsel“ vom langjährigen, kleinen Major Dieter Krüll zum neuen, hochwüchsigen Major Dr. Hans Peter Zils wurde dargestellt.

Auf der Großfackel des Jahres 2008 mit dem Titel „ 3 – 2 – 1 – meins“ reißt ein riesiger Dinosaurier sich alle interessanten Baugrundstücke der Stadt unter den Nagel (Münsterschule, Marianum usw.). Der Spruch: „Bauverein – wie toll, kriegt den Hals nicht voll“ sagte, wer gemeint war. Der Bauverein ließ sich dennoch nicht lumpen und spendierte ein Fässchen Bier.

Mit „Freibier“ beschäftigt sich auch das Transparent des Jahres 2009. Die Kommunalwahl musste am Kirmes-Sonntag stattfinden. Am Einheits-Tresen der CDU, SPD, FDP und der Grünen tauscht Bürgermeister Herbert Napp im Schützenzelt Freibier gegen die Wahlzettel der aufmarschierenden Schützen.

Historische Funde „Wat donn mer jetz domit?“ fragen die Scheibenschützen auf der Großfackel des Jahres 2010. Die Antwort des römischen Legionärs ist klar und entspricht der Realität: „Et bliev alles wo et is!!!“ Das Romaneum kann darüber gebaut werden, die römischen Funde können in einem großen Teilbereich hier besichtigt werden. Man sieht von hier in den Kellerbereich auf die römischen Funde.

Im Jahre 2011 wurde unser Schützenbruder Werner Kuhnert Schützenkönig der Stadt Neuss. Damit ist der Fackelbau in diesem Jahr eine schöne Pflicht. Hinzu kommt – da er auf der anderen Rheinseite in Düsseldorf wohnt – ist dies immer ein dankbares Thema für ein Fackelbaumotiv. Dargestellt wurde auf der Fackel der berufliche Werdegang mit der obersten Stufe als Schützenkönigs. Als Motiv auf unserem Transparent ist er auf einer Kanonenkugel sitzen auf dem Luftweg von Düsseldorf nach Neuss mit dem Hinweis: “Ich bin dann mal weg“.

2012 wurde nur unser Großtransparent gebaut mit der Darstellung von „Chaos in der City“. Es wurden hier die Straßenbauarbeiten innerhalb von Neuss auf den Arm genommen.

Für das Jahr 2013 mussten die Fackelbauer nicht lange nach einem Thema suchen. In der Presse wurde groß über die Fleischskandale geschrieben, hier Pferdefleisch, was natürlich dann als Fackel umgesetzt wurde. Das Thema lautete „Mogelpackung“. Hier musste allerdings auch das Pferd von Oberst Sandmann: ‑Chef dat Päd ist ok- herhalten.

2014 – 600 Jahre Neusser-Scheibenschützen-Gesellschaft im nächsten Jahr. Hier wurde mit unserem Großtransparent auf das Jubiläumsjahr 2015 hingewiesen mit dem Thema „Der Countdown“ läuft.

Rund 75 Jahre Fackelbau beim Zug der Neusser Scheibenschützen wurden dargestellt. Ich meine, es hat sich gelohnt, sich die Themenvielfalt, den hintergründigen Witz aber auch die unglaubliche Arbeitsleistung der Fackelbauer über Generationen hinweg einmal vor Augen zu führen. Wir alle können den Fackelbauern nur von Herzen danken, für die Kunstwerke, die sie uns und unserer Vaterstadt geschenkt haben.

Doch eines sollten wir dabei nicht übersehen: Fackel zu bauen ist die herrlichste Vorbereitung auf ein schönes und kameradschaftliches Schützenfest. Der drängenden Bitte vieler Ehefrauen, doch endlich einmal das Haus zu verlassen, kann für drei bis vier Monate ohne schlechtes Gewissen Folge geleistet werden. Man arbeitet für und an der traditionellen Kultur dieser Stadt, die niemals untergehen darf. Man tut also seiner Frau, der Allgemeinheit und natürlich den vielen Besuchern des einmaligen Neusser Fackelzuges Gutes und das auch noch zur eigenen Freude.
Angesichts dieser WinWin-Situation frage ich mich nur, warum nur wenige der jüngeren Schützenfreunde den Weg zu den Fackelbauern finden. Die Fackelbauer sind eine verschworene Gemeinschaft, ja, aber sie nehmen jeden in herzlicher Verbundenheit auf, selbst wenn er –wie sie selbst- nur linke Hände haben sollte.

Die uns bekannten Fackelbaukollonnenführer sollten noch aufgeführt werden, müssen sie doch den ganzen Laden leiten und in Schwung halten.

1954 – 1968    Jakob (Coco) Krüll
1969 – 1982    Dieter Krüll
1983 – 1989    Theo Körner
1990 – 1998    Horst Jennes
1999 – 2002    Rolf Schwarzfeller / Paul Hermann Schnock
2003 – 2007    Horst Jennes / Paul Gertges
2008 – 2012    Paul Gertges / Werner Holys
2013  ‑2018     Werner Holys / Carsten Roether
seit 2019         Carsten Roether / Stephan Vetten

Wir sind noch nicht fertig mit dem Kirmes-Samstag:

Das Antreten des Zuges war zeitweise abhängig vom jeweiligen Fackelbauplatz, der uns zur Verfügung stand.
Über die Zeit vor dem Krieg haben wir keine Kenntnisse.
Unter Hauptmann August Klein (1952 bis 1955) und darüber hinaus bis 1958 trat der Zug im Hotel-Restaurant „Haus Niedertor“ zum Fackelzug an. Das Haus Niedertor war zur damaligen Zeit quasi das Stammlokal des Zuges. Hier haben auch viele Zugveranstaltungen stattgefunden.
Nachdem das Haus Niedertor nicht mehr existierte, lud Hauptmann Heinrich Vreden (1956 bis 1972) zu seinem Haus Salzstrasse 17 ein. Dort fanden sich neben den Schützen die beiden Musikkorps und die Fackelbauer mit der Großfackel und dem Transparent ein. Man stand einfach auf der Salzstrasse vor dem Haus des Hauptmanns. Aus der recht kleinen Garage des Hauses (Maße der Vorkriegsautos) wurden Bier und belegte Brötchen gereicht.
So vertrieb man sich die Zeit bis zum Beginn des Fackelzugs.
Nach der Eröffnung des „Motel Krüll“ trat der Zug von 1968 bis 1972 zunächst beim Leutnant Coco Krüll auf der Sternstrasse an, wo ja auch die Fackel gebaut wurde. Von dort marschierte man mit klingendem Spiel zur Salzstrasse zum Haus des Hauptmanns Vreden.
Nach dem plötzlichen Tod von Heinrich Vreden wurde Rolf-Peter Medler Hauptmann (1974 bis 1981). Für zwei Jahre trat der Zug daher auf dem Vorplatz des Hafencasinos an, wo der junge Hauptmann die Schützen auch bewirtete. Das erwies sich aber als nicht so günstig, da ja der Fackelzug an der Niederstraße beginnt. 1976 trat man daher wieder an der Salzstrasse an (ohne Bewirtung aus Vredens Garage). Das war aber auch nicht gut. Daher war in den Folgejahren 1977 bis 1980 wieder Antreten bei Coco Krüll, von dort Marsch zum Parkplatz des Straßenverkehrsamtes auf der Königstrasse (1977), im Jahr danach (1978) zum Parkplatz des Kolpinghauses Hafenstrasse, 1979 und 1980 jeweils Marsch zum Schulhof der ehemaligen Rheintorschule an der Hafenstrasse.
Ab 1981 bis zum heutigen Tage tritt der Zug unmittelbar auf dem Schulhof der ehemaligen Rheintorschule (später Berufsschule, heute Volkshochschule) an, wo wir den Aufmarsch unserer beiden Musikkorps mit wahrlich toller Musik genießen können.
Hier werden wir „tradarationell“ durch den jeweiligen Hauptmann nebst seiner Hauptfrau mit Speis und Trank bewirtet, 1982 durch Hptm. Ekkehard Albrecht, von 1983 bis 2007 besonders lang durch Hptm. Andreas Krüll jr. und seit 2008 durch Hptm.Wolfgang Sedlmair. Man sieht, bei den Scheibenschützen gibt es häufig was umsonst.

Der Schulhof verfügt über ein großes Vordach, unter dem wir Schützen sitzen können und vor Regen und ggf. Kühle geschützt sind. Eigentlich unsinnig, denn ich kann mich in all den Jahren an keinen verregneten Fackelzug erinnern. Möge es so bleiben.
Dennoch, als die Stadtverwaltung das mit Weinlaub bewachsene Vordach beseitigen wollte, da es nicht mehr benötigt wurde und andererseits die Räume des Gebäudes verdunkelte, haben wir unsere Beziehungen zu hochrangigen Schützen in der Verwaltung genutzt, die nicht unerheblichen Kosten für eine grundlegende Renovierung des Vordaches übernommen und so diesen tollen „Wartesaal“ vor dem Fackelzug für uns erhalten können.

Nicht unerwähnt bleiben soll, dass nach dem Fackelzug und dem Löschen der Pechfackeln an der Königstrasse viele Scheibenschützen jahrelang die Reste des Kaltbuffets der Filiale der Deutschen Bank plündern durften (lange im Bankgebäude Ecke Hafenstr./Krefelderstr., später dann im umgebauten Gloria Kino an der Niederstrasse), dies nicht ohne noch das eine oder andere Bierchen zu trinken. Aber auch das ist inzwischen Geschichte. Danach aber heißt es bis zum heutigen Tage für alle: Ab ins Bett. Denn der Kirmes-Sonntag steht vor der Tür. Er ist der anstrengendste Tag des Schützenfestes.
Darüber möchte ich im nächsten Jahr berichten.

Dieter Krüll

ist seit 1961 Mitglied unserer Gesellschaft und Ehrenmajor im Zug der Neusser Scheibenschützen.

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